Anlässlich der Rede zur „Lage der Union“ von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erklärt der Europapolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Norbert Spinrath:

Junckers Quotensystem muss um einen Flüchtlingsfonds ergänzt werden

Mit den von Jean-Claude Juncker vorgestellten Vorschlägen für eine Reform der Europäischen Flüchtlingspolitik beendet der Kommissionspräsident die Heuchelei einer Reihe von EU-Mitgliedstaaten, das gegenwärtige Europäische Asylsystem hätte etwas mit Solidarität, Fairness oder Gerechtigkeit zu tun. Das Dublin-System ist gescheitert. Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten müssen gemeinsam die Verantwortung für die schutzbedürftigen Menschen tragen, nicht nur der Staat der ersten Einreise.

Deshalb ist das vorgeschlagene Maßnahmenpaket grundsätzlich zu begrüßen. Sowohl die Sofortmaßnahme zur verbindlichen Verteilung von zusätzlich 120.000 Flüchtlinge von Griechenland, Italien und Ungarn auf die übrigen Mitgliedstaaten als auch das zukünftige System festgelegter Quoten sind sinnvolle Vorschläge.

Aber eine Quote allein sorgt noch nicht dafür, dass die Flüchtlinge in den ihnen künftig zugewiesen Staaten bleiben wollen. Vergleichbare Standards bei der Unterbringung und Versorgung sowie bei der Bearbeitung und den Entscheidungen der Asylanträge sind nötig. Deshalb müssen über Junckers Vorschläge hinaus die aufnehmenden Mitgliedstaaten Gelder aus dem EU-Haushalt erhalten. Eine Quotensystem und ein europäischer Flüchtlingsfonds schließen sich nicht gegenseitig aus, sie ergänzen sich. Konsequenterweise muss der Gemeinschaftshaushalt anwachsen.

Ein solches Maßnahmenpaket würde die Bereitschaft der Flüchtlinge steigern, in Ihrem Aufnahmeland zu bleiben. Auch die von Juncker vorgeschlagene sofortige Arbeitserlaubnis für Asylbewerber hilft bei der Akzeptanz und zur Integration. Daneben müssen wir weitere Anreize für Asylsuchende schaffen, in den ihnen zugewiesenen Mitgliedstaaten zu bleiben. So könnte ihnen schneller ein EU-Daueraufenthalt und das Recht zur Arbeitnehmerfreizügigkeit eingeräumt werden, beispielsweise schon nach zwei oder drei Jahren. Denkbar wären auch Vorteile bei der Vermittlung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen oder bei der Familienzusammenführung.

Und schließlich muss das Maßnahmenpakt ergänzt werden und unzweifelhaft schutzbedürftigen Menschen sicherer Wege in die Europäische Union eröffnet werden. Dies wäre der effektivste Weg, Menschenleben zu retten und den Schmuggler ihre Geschäftsbasis zu entziehen.